Einst sprach ein einfacher Athener Bürger
den Sokrates, den jeder kannte, an,
um etwas, das ihm auf dem Herzen lag,
dem hochberühmten Manne mitzuteilen.
Ob er gelegen käme – schien ihm nichtig,
dass man ihm zuhörte – dagegen wichtig!
Der Weise unterbrach seine Gedanken
und wandte dem Besucher sich dann zu,
hob gleichsam wie in Abwehr eine Hand,
um, wie es schien, den Ankömmling zu zügeln.
„Halt ein! Hast du die Rede durch drei Siebe
gesiebt, zu sehen, was am Ende bliebe?
Du scheinst gar das Verfahren nicht zu kennen?
Das erste Sieb lässt nur das Wahre durch –
Erfundenes hängt in den Maschen fest.
Hast du das so geprüft, statt loszureden?
Ach nein – du hast es irgendwo erfahren …
Was wird das zweite Sieb da erst gewahren?
Das prüft als nächstes nämlich jetzt auf Güte.
Es ist doch gut, was du erzählen willst?“
„Nein … leider eher schon das Gegenteil.“
„Dann geht das dritte Sieb nicht einzusparen:
was du mir mitzuteilen bist erbötig,
das sollte dringlich sein, ja eher nötig!“
„So dringend ist es eigentlich nicht wirklich … „
„An deiner Rede, meinst du also selbst,
ist nichts, das wahr, noch gütig oder drängt?
Dann solltest du’s am einfachsten begraben!
Wir würden uns ganz nachhaltig entlasten,
wenn wir uns damit gar nicht erst befassten!“